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Kegler-Krönung

Serie: Der fidele Kegelbruder

Regelmässig möchten wir Zitate, Verse, Lieder und Toasts aus einer vergangenen Zeit veröffentlichen, in der das Kegeln noch in aller Munde stand. Dabei zeigt sich schnell, wie sich das Ansehen des Kegelsports im Laufe der Jahre gewandelt hat.


Kegler-Krönung

Dieser Scherz entfesselt allenthalben unbändige Heiterkeit und bildet stets den Höhepunkt fröhlicher und festlicher Kegelabende.

Das erforderliche Material, bestehend aus Hermelin (Anm. d. Red. Hermelinfell), Krone, Zepter, Orden, Rattenfalle, Messer, „Grösste Schnauze-Mütze“, sowie Thronrede, ist zum Preise von 7 Mk. (exkl. Porto) von Firma R. Danner, Mühlhaufen i. Thür., zu beziehen (Anm. d. Red. selbstverständlich ist dieses Angebot heute nicht mehr zu bestellen!). Die Gegenstände sind dauerhaft gearbeitet und ermöglichen wiederholte Benutzung.

Nachdem die Kegelbrüder versammelt sind, beginnt der Kassierer mit folgender Rede:

„Heute Krönungsfest des Kegelkönigs!

Tretet heran! Brüder, Freunde und Gönner des edlen Sports des Kegelns! Es gilt, demjenigen die Krone aufs Haupt zu setzen, der durch seine vorzüglichen Leistungen unter uns der König unsrer Gesellschaft geworden ist.

Als Zeremonienmeister unsres Klubs liegt es an mir ob, hiermit allem Volke kund zu tun, dass in dem verflossenen Zeitraum, wie unsre Alten nachweisen, unser Freund X. X. das Beste unter uns geleistet hat! Ihm gebührt also die Krone.

So tritt denn heran, Freund X. X., der du das Beste unter uns vollbracht hast! Dein sei die Krone; dir gebührt sie! Empfange aus  meiner Hand Hermelin und Zepter!“

(Der Zeremonienmeister hängt dem Hauptkegler den Hermelin um und überreicht ihm das Zepter. Nachdem ergreift der so Geschmückte das Wort und spricht etwa:)

Nachdem ich durch die Kraft meiner urgewaltigen Leistungen mich als der Edelste unter euch erwiesen habe, nehme ich die von Volkes Gnaden auf mich gefallene Wahl zum König huldvollst an und will die Würde wahren und hüten, solange es meinem Arm vergönnt sein wird, die rollende Kugel des Glückes zu beherrschen. Und wenn ich dereinst meine Kraft erlahmen fühle, wenn einst ein andrer mich übertreffen sollte, dann will ich gern den Schmuck der Königswürde diesem übertragen, damit dann unter seiner Leitung der Kegelklub X. X. weiter blühe, wachse und gedeihe. So nehme ich denn aus der Hand des Ober-Zeremonienmeisters die Krone und setze mir diese selbst aufs Haupt. Desgleichen nehme ich den Reichsapfel (in Form einer Kegelkugel) und frage hier alle anwesenden Freunde und getreuen Untertanen, ob sie treu während der Dauer meiner Königswürde zu mir halten wollen, und wenn dem so ist, so schmettert ein kräftiges „Ja.“

Vor dieser Zeremonie hat sich jeder Kegler mit einer Kugel versehen, sich im Halbkreis um den König gestellt und ruft ein kräftiges „Ja“, indem er dabei mit donnerndem Getöse die Kugel auf die Erde fallen lässt. Jetzt wendet sich der König an sein Volk etwa mit folgenden Worten:)

In eurer Mitte ist einer, der sich der Gunst meines Herzens ganz besonders erfreut und der auch, in seiner Weise, Vorzügliches geleistet hat. Um auch diesen zu ehren, schmücke ich hiermit auch sein Haupt.
Er, der unter allen Keglern dieser Welt die Ratzen (Anm. d. Red.: Ratten) stets am meisten pflegte, ihm sei für seine Verdienste die in der Falle gefangene Ratze als Krone auf sein Haupt gedrückt.
(Krönt ihn mit der Ratzenmütze.)

Nun schreiten wir zur Wahl eines Ministers des Auswärtigen für mein Reich und frage ich hier alle Anwesende; denn des Volkes Stimme soll den Ausschlag geben: —

Wer unter euch, mein Volk, hat in der vergangenen Zeit stets die grösste Schnauze entwickelt? Ich werde zählen 1, 2, 3 und bei „3“ weise jeder von euch mit dem Zeigefinger seiner rechten Vorderpfote auf denjenigen, welcher am meisten verdient. Und denjenigen, auf den also die meisten Stimmen fallen werden, ihn will ich schmücken mit der Würde, die ihm zukommt. So frage ich denn: Wer hatte unter euch stets die grösste Schnauze? (zählt:) 1, 2, 3! Nachdem sich durch des Volkes Stimme die meisten Stimmen auf unseren Freund X. X. vereinigt haben, ernenne ich ihn hiermit zu meinem Minister des Auswärtigen und schmücke ihn mit dem Symbol, das ihm zukommt. Knie nieder, mein Sohn und empfange deinen Schmuck (er setzt ihm den Schweinskopf auf) und als besonderes Zeichen seiner Kraft und weittragenden Macht führe als Zepter hier dieses grosse Messer. (Reicht ihm das Messer.)
Und nun ihr andern, tretet alle heran zur Arbeit, denn Arbeit ist des Bürgers Zierde. Jeder werfe eine Kugel und empfange danach aus meiner Hand als Ordensschmuck den Lohn, der ihm für seine Leistung gebühret.“

(Jedes Mitglied wirft hierauf eine Kugel und empfängt den Orden, der sich auf seinen Wurf bezieht. Ist dieser Orden bereits vergeben, so wirft er eine 2., 3., 4. Kugel usw., bis er einen Wurf getan hat, für den der betreffende Orden noch vorhanden ist. Nachdem so das Ordensfest abgelaufen ist, nimmt jeder sein Glas und stimmt ein, indem der König sich auf den Thron (meistens das Pult der Kegelbahn) setzt, in den Gesang: „Ich bin der Fürst von Toren“ usw. Die Orden stellen symbolisch jeden möglichen Wurf dar. Sind weniger Kegler da, als Orden vorhanden, so kegelt man alle Orden aus.)


Quelle

Froherz, Erich (1930): Der fidele Kegelbruder. Verlag von G. Danner, Mühlhausen i. Thür, S. 74-76

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